Die Ausstellung Gender Check zeigte erstmals in einem repräsentativen Überblick über Kunst aus Osteuropa seit den 1960er-Jahren, die sich mit dem Thema der Geschlechterrollen auseinandersetzt. 20 Jahre nach dem Mauerfall erstellte die Kuratorin Bojana Pejić mit einem Expertenteam aus insgesamt 24 Ländern eine umfassende Präsentation mit mehr als 400 Arbeiten – Malereien, Skulpturen, Installationen, Fotografien, Plakate, Filme und Videos. Über 200 Künstlerinnen und Künstler vermittelten ein äußerst facettenreiches Bild eines dahin weitgehend unbekannten Kapitels der neuesten Kunstgeschichte, das einen zukunftsweisenden Beitrag zum Genderdiskurs leistete.
Gender Check verfolgte den Wandel weiblicher und männlicher Rollenbilder innerhalb der Kunst vor dem Hintergrund der gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Die von der ERSTE Stiftung initiierte und unterstützte Ausstellung zeichnete dieses Wechselspiel zwischen Kunst und Geschichte in chronologischer und thematischer Gliederung nach:
Bis in die 1960er-Jahre dominierten in den Arbeiten des sozialistischen Realismus heroisierte weibliche und männliche Arbeiterinnen und Arbeiter. Ihr wirklichkeitsverklärender Anspruch einer staatlich propagierten 'geschlechtslosen Gesellschaft' wurde in Werken der inoffiziellen Kunst ironisiert und sichtbar gemacht. Nach einer Phase kollektiver staatlicher Utopien entwickelten sich bis zum Ende des Kommunismus, lokal unterschiedlich und von Rückschlägen begleitet, Tendenzen der Individualisierung und Liberalisierung, die Freiräume für nonkonforme Kunst schufen. Ab den 1970er-Jahren wurden Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit jenseits propagandistischer Klischees neu formuliert:
In Selbstporträts von Künstlerinnen und Künstlern spiegelte sich ein neu erwachendes Selbstbewusstsein ebenso wider wie in den Darstellungen von Körperlichkeit, Subjektivität und einer offen zur Schau gestellten Sexualität, die heterosexuelle Maßstäbe und heroische Männlichkeitsideale in Frage stellt. Selbst viele abstrakte Bilder und Skulpturen spielten mit ihren anthropomorphen Formen auf das Verhältnis der Geschlechter innerhalb der Gesellschaften an. Die Emanzipation von Rollenbildern geht dabei mit jener von traditionellen Medien einher: Zunehmend gewannen neue Medien und Kunstformen wie Fotografie, Film, Video und Performance an Bedeutung. Verstärkt traten nun auch Künstlerinnen in den Vordergrund.
Mit dem Mauerfall (1989) und dem Ende der sozialistischen Regimes stellten nationalistische Entwicklungen und neoliberale Einflüsse aus dem Westen neue Herausforderungen dar. Die neu gewonnenen Freiheiten gingen mit neokonservativen Rollenzwängen einher, die zum Thema der Kunst werden. Kritik an chauvinistischen, militaristischen, frauen- und minderheitenfeindlichen Ideologien wurde nun im Kontext feministischer Theorien formuliert. Auch das Thema Homosexualität wurde offen thematisiert. Klischees von Mutterschaft wurde ebenso zur Diskussion gestellt wie religiös verbrämte Weiblichkeitsideale und patriarchale Machtstrukturen. Um die öffentliche und politische Bedeutung weiblicher Identität zu unterstreichen, wurde auch auf historische Allegorien der Weiblichkeit zurückgegriffen.
Kuratiert von Bojana Pejić