Dienstag bis Sonntag
10 bis 18 Uhr
18.5.2016
Cool Worlds & Sacred Pictures
Ethnografie ist das Beschreiben der Anderen. Dieser etablierten Auffassung antwortet die Schriftstellerin und Anthropologin Zora Neale Hurston in den 1920er-Jahren mit künstlerisch-wissenschaftlichen Arbeiten zu den Alltagskulturen ihrer Heimat im Schwarzen Süden der USA. Hurstons sowohl politische als auch poetische Studien zu damals meist abschätzig betrachteten „Folk Cultures“ sind Ausdruck unbedingter Wertschätzung sowie Stellungnahme innerhalb der Kunstdebatte um „high“ und „low“ im Harlem der Zwischenkriegszeit. Ausgehend von den im Zuge der Feldforschungen entstandenen Filmaufnahmen der bedeutendsten Künstlerin der „Harlem Renaissance“, präsentiert das Programm zwei jüngere Filme, die auf andere Weise den gemeinschaftsbildenden wie -zersetzenden Ritualen bestimmter Milieus nachgehen: Shirley Clarkes halb-dokumentarische Ethnografie der Rituale von Männlichkeit und Empowerment in der Harlemer Jugendszene der 1960er-Jahre vor dem Hintergrund einer rassistischen Gesellschaft der Ausgrenzung. Und das Porträt eines bemerkenswerten afroamerikanischen Pastors aus dem Memphis der 1930er-Jahre, der sich des Films als spiritueller und sozialer Technik bediente, in einem Film von Lynne Sachs, der die charakteristische Verbindung von Religion, Kunst und Politik des späteren Civil-Rights-Movement an der dokumentarisch-aktivistischen Praxis eines seiner Pioniere veranschaulicht.
Zora Neale Hurston, Fieldwork Footage, 1927–1929, 5 min
Lynne Sachs, Sermons and Sacred Pictures, 1989, 29 min
Shirley Clarke, The Cool World, 1963, 104 min
Vorgestellt von Christian Kravagna
Christian Kravagna ist Kunsthistoriker und Kurator. Er arbeitet als Professor für Postcolonial Studies an der Akademie der bildenden Künste Wien.