Anne Speier: Service

Kleidungsstücke tauchen in Anne Speiers Arbeit immer wieder auf. Als temporäre Hüllen stehen sie für Körper ein, deren (künstlerische) Existenz zweifelhaft ist. So etwa in dem Bild Untitled (Two Eisenmans) von 2016, das aktuell in der Ausstellung (Anti-)Pop zu sehen ist und die Frage aufwirft, ob die zwei dargestellten Figuren, die mit ausgestreckten Armen in entgegengesetzte Richtungen laufen, überhaupt einen Körper haben. Tatsächlich muten ihre schwächlichen Beine, die sie aus dem Bild heraus oder hinter das Bild zu tragen scheinen, ebenso flach an wie der Stoff ihrer voluminös gefalteten Umhänge.

Die Videoanimation Service (2022) nimmt eine ähnliche Szene zum Ausgangspunkt. Die Strichfiguren zweier Kellner mit über den Arm drapierten Serviertüchern verlassen gegenläufig das Bildfeld und machen Platz für einen Exkurs in die Kunstgeschichte und ihre Perfektionierung des Faltenwurfs. Magisch scheint das Vermögen der Malerei, aus Fläche Volumen entstehen zu lassen! Zurück in der Gegenwart und beim Serviertuch nimmt Speiers Beitrag allerdings eine unverhoffte Wendung: Sukzessive mischt sich Flüssiges, Cremiges und Käsiges unter die zeichnerischen Mittel und kontaminiert jede malerische Illusion.

Was modert, fault und gärt unter den Oberflächen – nicht nur von Kleidung, Malerei und Kunstgeschichte? Was köchelt in den Hinterzimmern, und was wird offiziell aufgetischt? Anne Speiers Arbeiten suchen Fassaden nach ihrem Dahinter ab, pochen an die Türen zwischen den Welten und stellen nicht zuletzt die Frage nach sozialen Rollen und ihrer Mobilität: danach, wer kocht, wer serviert und wer konsumiert.

Manuela Ammer