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Museumsgeschichte kurz und bündig

mumok insider


Die Geschichte des mumok beginnt 1962 mit der Eröffnung des Museums des 20. Jahrhunderts, kurz 20er Haus genannt. Das jetzt als 21er Haus zum Belvedere gehörende Gebäude war als österreichischer Weltausstellungspavillion in Brüssel von Karl Schwanzer gebaut worden und wurde danach nach Wien in den Schweizergarten transferiert. In diesem Zuge wurde er museumstauglich umgebaut: Um genug Platz für die Kunst zu schaffen, überdachte man den ursprünglich offenen Hof und verlegte die Treppenaufgänge von außen ins Innere. In dem vom Historismus und den sozialdemokratischen Gemeindebauten geprägten Wien war das damals eine Ausnahmearchitektur. Die Geometrie aus Glas und Stahl verkörperte –  etwas verspätet – die rationale Seite der Moderne, die hierzulande eher Widerstand hervorrief. Wenig zufällig vermied man auch in der Museumsbezeichnung den Begriff der Moderne. Das ursprüngliche Logo mit dem schönen 20er stammt von Georg Schmid, der während der Zeit des Gründungsdirektors Werner Hofmann für die Museumsgrafik verantwortlich zeichnete.

Das 20er Haus wurde zu einem Hotspot der Kunstszene, nicht nur für die bildende Kunst, sondern ebenso für Musiker und Literaten. Es hatte mit dem Skulpturengarten und dem umgebenden Park ein ideales Ambiente und wirkte als eine Art österreichisches Nachholzentrum für die Kunst seit der Moderne. Wer sich aus der politischen Szene aufgeschlossen geben wollte, gesellte sich zu den Adabeis auf Vernissagen und Veranstaltungen. Ursprünglich für eher kleinformatige Bilder und Skulpturen geschaffen, wurde mit zunehmender Größe und medialer Ausrichtung der Kunst auch das Ausstellen im 20er Haus immer mehr zu einer Herausforderung, das der kuratorischen Fantasie Flügel verleihen konnte. Dies ist auch im heutigen, von Adolf Krischanitz neu rekonstruierten 21er Haus zu beobachten.

Ende der 1970er-Jahre wurde das 20er Haus für die rasch wachsende Sammlung zu klein. Mit der Pop Art des Sammlerehepaares Peter und Irene Ludwig sowie mit der Fluxussammlung von Wolfgang Hahn waren zentrale Bestände von Weltrang als Leihgaben bzw. Schenkungen an das Museum gekommen. In der Folge wurde das 20er Haus durch die Anmietung des Barockpalais Liechtenstein im 9. Bezirk erweitert und beide Häuser zusammen erhielten eine neuen Namen: Museum moderner Kunst Wien (mit der Gründung der Österreichischen Ludwig-Stiftung wurde der Name mit dem Zusatz Stiftung Ludwig erweitert). Das alles führte zu einiger Verwirrung, da es sich um diametral unterschiedliche Architekturen handelte, die noch dazu sehr weit auseinanderlagen. Noch in den 1990er-Jahren musste man die etwas komplizierte Konstruktion den Besucher_innen ständig erklären, und auch die Versuche, durch ein neues Logo Einheit zu stiften, waren nicht immer erfolgreich. Das Palais Liechtenstein ist ein Gesamtkunstwerk, voll von barocker Kunst und Pracht, gegen die mit aktueller Kunst anzukämpfen nicht unproblematisch war. Der praktisch unberührbare riesige Herkulessaal mit einem der größten Deckenfresken der Welt von Andrea Pozzo war für die meisten Künstler_innen eine ziemliche Herausforderung. Manchmal gab es perfekte Kombinationen, bei denen das Barock zur idealen Bühne wurde, beispielsweise bei Hermann Nitsch. 

Mit der Übersiedelung ins MuseumsQuartier im Jahr 2001 kam die Kunst seit der Moderne erstmals in der österreichischen Geschichte in ein Gebäude, das tatsächlich auch für diese Kunst bestimmt war. In Anlehnung an Museumsnamen wie MAK, MoMA oder MOCA haben wir damals dafür das gewöhnungsbedürftige Kürzel mumok erfunden, an dem sich inzwischen niemand mehr stößt. Mumoku wäre eigentlich die richtigere Form gewesen, klang aber nicht überzeugend. Logos gab es seither schon mehrere. Der bunkerartige Bau aus Basaltlava von Ortner & Ortner besitzt wegen seiner außergewöhnlichen Form und Materialität bereits Wahrzeichencharakter. Er lässt sich auch an der Außenfassade sehr gut für Kunstprojekte verwenden. Sein Inneres unterliegt, in Gestalt jeweils speziell abgestimmter Ausstellungsarchitekturen, einem ständigen Wandel.

Was das Programm betrifft, glauben wir noch immer, dass das Museum eine Bildungsaufgabe besitzt und sich auch für Kunst einzusetzen hat, die nicht nur der Unterhaltung dient. Das schließt nicht aus, Bekanntes zu zeigen, aber dann in einer Form, die neue Perspektiven eröffnet. Auch wenn das mumok so gut wie keine Fenster hat, fungiert es de facto als metaphorisches Fenster, durch das man aus der Gegenwart in die Vergangenheit blickt, um diese immer wieder neu zu sehen. Während im Widerschein zugleich das Vergangene die Bedeutung des Gegenwärtigen mitbestimmt.

Rainer Fuchs